Foto: Klaus Dieker von Jutta Langhoff Wanderer zwischen den Welten Die neue Ausstellung im Schacht-IV-Gebäude zeigt Werke von vier Künstlern aus Tunesien, Israel, dem Iran und der Türkei, die zwischen Herkunft und neuer Heimat zu neuen künstlerischen Entdeckungen aufgebrochen sind. Zusammengebracht hat sie Künstler Rüdiger Eichholtz. MOERS. Vier Künstler aus vier Kulturen, die in einem historischen Zechengebäude eine gemeinsame Ausstellung gestalten - das ist ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher aber ist ihre Herkunft: Sonia Said, gebürtige Französin, lebt heute in Tunis, Kurosh Valizadeh lebt in Bremen, stammt aber aus dem Iran, Ora Avital kommt aus Israel und ist inzwischen in Mönchengladbach heimisch, und Nesrin Tanc wurde als Tochter türkischer Eltern in Duisburg geboren, lebt und arbeitet jetzt aber in Istanbul. Sie alle eint die Erfahrung, als Wanderer zwischen zwei unterschiedlichen kulturellen Welten ihren eigenen künstlerischen Standort gesucht und gefunden zu haben. Fröhliche Farbigkeit Sonia Said malt an bunte Stofffetzen erinnernde, abstrakte und manchmal auch vogel- oder blumenartige Formen auf kräftig farbige, oft monochrome Untergründe oder lässt aus fadenartigen Strichen skurril gekräuselte Formen entstehen, die sie in ihren Bildern wie an einer feinen Wäscheleine neben einander aufreiht. Ora Avital liebt dagegen die Formensprache von Kreisen, Kugeln, Linien und anderen geometrischen Gebilden. Aus ihnen zaubert sie mal fröhlich farbige, quadratische Linienbilder, gitterförmig angeordnete Holzstreifenreliefs, lustig bunt in einander geschachtelten Hula-Hopp-Reifen oder riesige, aus unzähligen Pappmaché-Kugeln bestehende Ketten. Kurosh Valizadeh ist mit seinen rein schwarz-weißen, filigranen Zeichnungen von prähistorisch anmutenden Tier- und Menschenfiguren nicht nur der einzige Mann, sondern auch der einzige Grafiker in der Ausstellergruppe. Seine Arbeiten sind sowohl als ganz normale Bilder sowie auf einer im Keller des Schacht-IV-Gebäudes installierten Videowand zu sehen. Dazu hat der deutsche Tonkünstler Wolfgang Spelmans zusätzlich eine ganz besondere, meditative Klanginstallation geschaffen. Die künstlerischen Arbeiten der Deutsch-Türkin Nesrin Tanc beschäftigen sich in dieser Ausstellung jedoch am deutlichsten mit der Frage der kulturellen Integration in westliche Industriewerte. Dazu lässt die Künstlerin zum Beispiel gleich mehrere, typisch türkische Saiteninstrumente an Ketten von der Decke hängen, an denen sie die im Laufe der Zeit immer blumigeren Bezeichnungen für deutsche Gastarbeiter angebracht hat. Was diese Ausstellung über die bereits erwähnten interkulturellen Grenzen hinweg zusätzlich noch besonders sehenswert macht, ist ihre in diesem Fall ungewöhnliche, aber absolut passende Präsenz in dem historischen Fördermaschinengebäude des ehemaligen Rheinpreußenschachtes. Denn hier begann laut der Festrede des ehemaligen Moerser Schlosstheaterintendanten Rupert Seidl zur Ausstellungseröffnung am Sonntag auch in Moers die eigentliche Verschmelzung der westlichen mit der östlichen Kultur. Rheinische Post, 10.05.2011 |