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Foto: Klaus Dieker

Stadt, Land, Fluss: Improvisation und Gesang in zwei Räumen

moers (RP) Das gemeinsame Konzert von Michael Schiefel, dem aktuellen Improviser in Residence der Stadt Moers, und der litauischen Sängerin Eglé Sirvydyté am Mittwochabend im Seewerk in Kapellen stand ganz im Zeichen der Improvisation. Erst zu Wochenbeginn hatten sich die beiden Musiker kennengelernt. Rüdiger Eichholtz, der den Kulturverein "Lokal Harmonie" in Duisburg-Ruhrort leitet, hatte die zwei Künstler miteinander bekannt gemacht. In Zusammenarbeit mit dem "Netzwerk Improvisierte Musik Moers" hat Rüdiger Eichholtz das Projekt "Stadt, Land, Fluss - Kultur" entwickelt, um Musiker, Schauspieler und Maler an unterschiedlichen Veranstaltungsorten in der Region zusammenzubringen. Gefördert wird diese Veranstaltungsreihe durch das Land Nordrhein-Westfalen sowie die Kulturbüros der Städte Moers, Duisburg und der Gemeinde Weeze. Erster Veranstaltungsort dieser Projektreihe war das Seewerk in Kapellen. In zwei Ausstellungsräumen, die parallel zueinander verlaufen und durch eine Wand voneinander getrennt sind, waren für die Besucher Stühle aufgestellt worden. Während Eglé Sirvydyté in einem der beiden Räume sang, war Michael Schiefel nur für die Zuhörer, die im anderen Raum Platz genommen hatten, zu sehen. Durch zwei Durchgänge in der Zwischenwand drang der Gesang der beiden Musiker allerdings auch in den jeweils anderen Ausstellungsraum. Ohne einander sehen zu können, sangen die beiden Musiker wechselweise kurze Melodien und improvisierte Tonreihen, wobei sie versuchten, in gesanglichen Harmonien auf den Partner zu reagieren oder aber dem Gegenüber einen ganz andersartigen Klang entgegenzusetzen.

Bis auf wenige Worte in litauischer Sprache waren dabei zumeist lediglich Laute, Töne und Geräusche in unter

schiedlichen Klangfarben, Tonhöhen und variierenden Rhythmen zu hören.

Während des Konzertes veränderte sich der Charakter des improvisierten Gesanges fortwährend. Erinnerte die Musik in einem Augenblick noch an die sakralen Gesänge der Gregorianik, so hatte der Zuhörer im nächsten Moment das Gefühl, arabischen Klängen zu lauschen. Andere Passagen und Motive klangen wie der Gesang eines Schamanen oder wie afrikanische Stammesgesänge. Teilweise waren auch nur wiederkehrende Zisch- oder Knacklaute zu hören, die vielmehr tierisch als menschlich zu sein schienen. Als die Sänger die Räume während des Konzertes wechselten und sich dabei an einem der Durchgänge trafen, schien es fast, als ergäbe sich zwischen ihnen ein vertrautes Gespräch in fremder Sprache.

Eglé Sirvydyte sang mit Michael Schiefel im Seewerk. Foto: Klaus Dieker

Rheinische Post, 30.08.2013

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