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Proben erst seit einigen Tagen miteinander: (vl) Schauspielerin Karolina Zernyte aus Litauen, Tänzerin Ronnie Waldmann aus Isreal, Bassist Achim Tang und Tänzerin Irena Stegt. Rüdiger Eicholtz (2.v.r.) hat die Künstler zusammengebracht. Auf dem Foto fehlen: Saxophonist André Meisner und Rupert Seidl (Text).
Rheinische Post, 17. Sept. 2018, Neukirchen-Vluyn
Musikbiennale umspielt die Verbote
Neukirchen-Vluyn „Reconnection“ ist eine Performance aus improvisierten Text- und Klangpassagen sowie Choreographie
Von Dirk Neubauer
Die Kunst der Improvisation ist, dass niemand vorher weiß, was dabei hinterher herauskommt. „Aber natürlich folgen auch wir Regeln“, sagt Tänzerin Irena Stegt, die ahnt, dass die nächsten 25 Minuten Gespräch nicht einfach werden. „Reconnection“ ist schließlich nicht das Werk von puren Schöngeistern, die einfach nur dem Moment folgen. Jeder der drei Musiker und drei Tänzerinnen und Schauspielerinnen ist eingebunden in seine Gedankenwelt, sein Herkunftsland, seine Erziehung und Entwicklung. An vier Orten zwischen Duisburg und Neukirchen-Vluyn wird sich die Company, die seit einigen Tagen zusammen probt, dem Generalthema der Musikbiennale stellen: den Verboten.
Irgendwie scheinen die zuzunehmen. Nicht nur hierzulande, sondern auch in Israel, woher Ronnie Waldmann eingeflogen ist – oder in Litauen, wo Karolina Zernyté zu Hause ist. Die über 700 Jahre währende jüdische Kultur Litauens ist mit der Shoah untergegangen und nachträglich wurde die Erinnerung daran vernachlässigt. Ein Denk- und Erinnerungsverbot.
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Um eine Wiederanbindung („Reconnection“) an aktuelle israelische Kulturimpulse anzustoßen, haben sich KünstlerInnen aus der Region Niederrhein mit KünstlerInnen aus Litauen und Israel im Vorfeld der Musik Biennale Niederrhein 2018 zu einer komplexen thematischen Auseinandersetzung verabredet. Was erwartet die Gäste? Der Mann am Kontrabass, Achim Tang, überlegt einen Moment und gibt dann einen freundlichen Rat ans Publikum: „Ich glaube, man kann unsere Performance am besten genießen, wenn man völlig ohne Erwartungen kommt und sich auf Musik und Tanz und Stimmlaute einfach einlässt.“
Also: keine Denkverbote, keine politischen Verbote, keine künstlerischen Verbote. Musik und Bewegungen sollen bei „Reconnection“ in freier Improvisation fließen. Und anschließend dürfen interessierte Gäste gerne mit den Künstlern über das Gehörte und Gesehene diskutieren. Das gibt es in den nächsten Tagen gleich vier Mal in der Region (Termine und Orte siehe Infokasten). „Und es wird jedes Mal völlig anders sein“, sagt der erste Vorsitzende des Verein Kulturprojekte Niederrhein, Rüdiger Eichholtz, der sich um die freie Szene der Region kümmert. Wer sich in die Improvisation „Reconnection“ verliebt, sollte eigentlich an allen vier Terminen teilnehmen.
Info: Vier Termine, vier Varianten ergeben vier völlig unterschiedliche Erlebnisse
Do., 20.09., 19 Uhr, Evangelische Kirche Wanheim (Friemersheimer Straße. 47249 Duisburg)
Fr., 21.09., 20 Uhr, VHS und Musikschule Neukirchen-Vluyn, Hartfeldstr. 45
Sa., 22.09., 20 Uhr, XOX-Theater, Kleve, Briener Straße 6-14
So., 23.09., 11.30 Uhr, St. Barbara Kirche Meerbeck, Donaustraße 120
Eintritt frei, Spenden erbeten, Tickets: Kulturprojekte Niederrhein, Tel. 0177 2035277, vorstand@kulturprojekte-niederrhein.
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