Trommeln für Aktion auf der Skaterbahn: (vl.) Schmied Paultus Nawickas, Lehrer Sinan Lafci, Rüdiger Eichholtz von Kulturprojekte Niederrhein sowie die Websdesigner Marius Luczynski und Sven Sander. Foto: Dirk Neubauer
RP ONLINE, 04. Sept. 2019, NEUKIRCHEN-VLUYN
Via Sitzmöbel neue Kontakte schmieden
Jugendkultur in Neukirchen-Vluyn
Neukirchen-Vluyn Der Jugendring, zwei Schmiede aus Litauen und der Verein Kulturprojekte planen ein Kultur-Bau-Wochenende auf der Skaterbahn Niederberg.
Von Dirk Neubauer
Manchmal erscheint Rüdiger Eichholtz wie ein Zirkus-Jongleur. Er wirbelt Lebenswelten und Fördermittel, Menschen und Ideen durch die Luft – und dann kann daraus so etwas entstehen wie das Bau-, Kunst- und Kulturwochenende am kommenden Samstag und Sonntag auf der Skaterbahn auf dem ehemaligen Zechengelände.
Der Stadtjugendring ist dabei und realisiert unter tatkräftigem Hämmern und Sägen möglichst vieler Jugendlicher aus allen Bereichen von Neukirchen-Vluyn ein Wunsch aus der Jugendrings-Umfrage. Da hatten sich die Kids nämlich ein paar chillige Möbel für die Skateranlage gewünscht und einen Unterstand, damit man im Falle eines Sommerregens nicht immer gleich nach Hause flüchten muss, sondern sich vor Ort unterstellen kann.
INFO
Ein ganzes Wochenende bauen und sprechen
Was? Großes Bauwochenende auf der Skaterbahn des Niederberg-Geländes. Dort sollen Sitzmöbel und ein Unterstand in Form eines übergroßen Rednerpultus entstehen.
Wann? Gearbeitet wird am Samstag, 7. September, von 11 bis 18 Uhr und am Sonntag, 8. September, von 11 bis 15 Uhr.
Und? Zwei Schmiede aus Litauen heizen ihre Essen an.
Der Unterstand kommt. Aber nicht in Form einer geduckten, niedrigen Hütte – sondern weithin sichtbar. Am Ende soll da ein überdimensionales Rednerpult weithin sichtbar deutlich machen: Hier, Neukirchen-Vluyn, haben die Jugendlichen eine Stimme – und werden von den Altvorderen auch gehört. Die eisernen Beschläge, Griffe und Haltestangen am neuen Wahrzeichen auf Niederberg werden zwei litauische Schmiede dengeln und biegen und ziehen und in Form Hämmern. Natürlich dürfen die Jugendlichen dabei mitmachen.
Doch damit nicht genug. In den zurückliegenden Tagen tourten Eicholtz und Freunde durch die Klassen der Schulen an der Tersteegenstraße und warben für den Gedanken, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Heute würden moderne Soziologen sagen: „die eigene Blase zu verlassen“. Dabei soll eine Webseite helfen, die im Hintergrund gerade mit Texten und Bilden von den Jugendlichen gefüllt wird. Sie heißt www.sinNVoll.info und soll vermutlich im Bereich des düsteren November für alle sichtbar werden. Die Großbuchstaben sind die Namenskürzel der Stadt. Die beiden Webmaster, Marius Luczynski und Sven Sander, jedenfalls freuen sich bereits über einen großen Zuspruch bei den Jugendlichen.
Die Webseite bietet die Chance, im weltweiten Netz präsent zu sein – mit den Wünschen, Anliegen – ja vielleicht auch mal mit der Kritik an der Stadt. Gesamtschullehrer Sinan Lafci (Kunst, Sport – und alles, was sonst noch Spaß macht) hat in den Schulen kräftig die Werbetrommel für das Projekt als Gesamtkunstwerk geschlagen. Und ist nun sicher, dass die Jugendlichen mitmachen werden. Sowohl am kommenden Wochenende, 11 bis 19, Uhr beim Bauen der Sitzmöbel und Schmieden und Schnacken. Als dann auch später, wenn die eigene Webplattform für die Kids in Neukirchen-Vluyn online geht. Die Mittel und das Material kommen vom Stadtjugendring, dem Bundeslandwirtschaftsministerium, den Sparkassen, dem Goethe-Institut Vilnius, der Robert-Bosch-Stiftung, aus dem Fonds Kulturrucksack. Die litauischen Schmiede lauschen aufmerksam und scheinen begeistert, schwerelos über dem Alltag zu schweben und zu schmieden. Rüdiger Eichholtz lächelt. Wieder hält der Jongleur viele Bälle in der Luft.