Ganz Neukirchen wird zur Kunstgalerie

Im Verwaltungsfoyer des Erziehungsvereins umrahmen zwei Großformate das rückseitig beleuchtete Logo der Neukirchener Traditionseinrichtung. Zum Auftakt von „Stilllegung“ kamen (von links) der städtische Kulturbeauftragte Rüdiger Eichholtz, Künstler Ralf Reichelt und Bürgermeister Harald Lenßen. Foto: Erziehungsverein, Leuker

RP, 7. Mai 2019, Neukirchen-Vluyn

Ganz Neukirchen wird zur Kunstgalerie

Die Ausstellung Stilllegung legt einen Bilderparcours durch die Kirche, Läden, ein Foyer und das Jorissen-Haus.

VON DIRK NEUBAUER

NEUKIRCHEN-VLUYN Hier müssen die Liebhaber der bildenden Kunst gut zu Fuß sein. Und das lässig gehaltene Glas italienischen Weißweins fällt nicht zwangsläufig flach, sähe aber mitten auf der Hochstraße wohl doch eher nach Sucht aus denn nach Sinn-Suche. „Stilllegung“ heißt das Ausstellungsprojekt, mit dem der Kulturbeauftragte der Stadt, Rüdiger Eichholtz, eben das nicht will: Stille und Liegen. Vielmehr bringt er gemeinsam mit dem Künstler Ralf Reichelt das Dorf in Bewegung. Zwei Dutzend Bilder wollen „erlaufen“ werden.

Da staunen die Senioren vom Matthias-Jorissen-Haus: Plötzlich wuseln Fremde durch das Foyer der Alteneinrichtung des Neukirchener Erziehungsvereins. Hier startet der laufende Galeriemeter aus der Reihe „Landkultur – Zimmer mit Aussicht“ mit zwei ziemlich gegensätzlichen Objekten. An der Wand hängen zwei ehemalige Besenstiele oder Wischmob-Griffe, die Künstler Ralf Reichelt auf einem Abbruchgrundstück gefunden und weiß getüncht hat. Stille habe für ihn mit der Farbe Weiß zu tun, sagt der Mann, der sein Atelier früher in der Niep hatte.

Der Kontrast ruht auf einer Maler-Staffelei, gleich neben dem Haupteingang. Eine stattliche Leinwand, rostbraun, mit einem Kreis. Der Betrachter denkt unwillkürlich an eine Stahlplatte aus einer alten, stillgelegten Werkshalle und fasst heimlich an: Nein, auch dieses Bild ist auf Leinwand gemalt. Was hier als Entdeckungsreise im Kleinen startet, setzt sich über all die weiteren Stationen fort.

Im Verwaltungsfoyer des Erziehungsvereins umrahmen zwei Großformate das rückseitig beleuchtete Logo der Neukirchener Traditionseinrichtung – und die Dame im gläsernen Pförtnerkasten muss sich erst noch daran gewöhnen, dass die Kunstgäste eher stille Genießer sind. „Anfangs habe ich noch gefragt, ob ich helfen kann“, berichtet sie und bekam eine Abfuhr von der angesprochenen Besucherin: „Nein ich will nur schauen.“

Ob beim Friseur, im Projektzimmer, beim Fahrradhändler, im Küchenstudio oder einem derzeit leer stehenden Ladenlokal: Die „Tour d’Art“ quer durch Neukirchen will mit einer gewissen Sorgfalt absolviert sein, sofern Besucher den Ehrgeiz besitzen, auch noch das letzte Fitzelchen bildende Kunst zu erhaschen. Da würde es helfen, die Bilder wären alle beschriftet und es gäbe ein paar Informationen auf die Hand. An dieser Stelle ist der Verweis aufs Internet kein wirklicher Ersatz. Die evangelische Dorfkirche bietet gewissermaßen das große Finale des Kunstspaziergangs: Dort hängen gleich fünf Werke an den Wänden, die allerdings deutlich gewinnen, wenn das Decken-Licht eingeschaltet bleibt.

Mit Kunstklassen der Schulen will Rüdiger Eichholtz diese Bilder-Tippel-Tour absolvieren. Und zum Auftakt – gemeinsam mit Bürgermeister Harald Lenßen – ermunterte er die Senioren, doch auch auf Entdeckerreise zu gehen – oder noch besser: sich den jungen Leuten einfach anzuschließen, die in den kommenden drei INFO Termine, Führungen und ein großes Finale Wochen auch durch ihr Zuhause streifen werden. „Mit den Fördermitteln, die wir für Dorfkultur vom Bund bekommen, will ich nicht ein Großprojekt finanzieren, sondern viele kleine Anstöße geben“, sagt Eichholtz. Dieser Auftakt zu der auf drei Jahre angelegten Landkultur verdient Beachtung.

Termine, Führungen und ein großes Finale
Termin Die Ausstellung „Stilllegung“ läuft bis zum 26. Mai an diversen Orten im Dorf Neukirchen.
Führungen können unter der Telefonnummer 0177 2035277 bei Rüdiger Eichholtz vereinbart werden.
Finissage Matinee : 26. Mai, um 11.30 Uhr mit allen Bildern und dem Trio Down-Beatclub, Fitnessland Kensho, Weserstraße 23